Anti-Apartheid-Kämpfer und Ehrendoktor der Universität Wien Desmond Tutu ist tot

Die Welt verneigt sich vor dem Anti-Apartheid-Kämpfer Desmond Mpilo Tutu. Der anglikanische Erzbischof sei im Alter von 90 Jahren gestorben, teilte die südafrikanische Regierung am Stefanitag mit. Neben Papst Franziskus und Queen Elizabeth II. würdigten zahlreiche internationale Spitzenpolitiker sein Wirken.

Kämpfer gegen Apartheid

Der spätere Erzbischof von Kapstadt wurde am 7. Oktober 1931 in Klerksdorp westlich von Johannesburg geboren und arbeitete zunächst als Lehrer. 1961 wurde Tutu zum anglikanischen Priester geweiht und studierte für einige Jahre in Großbritannien.

1975 kehrte der Theologe nach Südafrika zurück und engagierte sich zunehmend auch politisch gegen die Apartheid. 1976 wurde Tutu Bischof von Lesotho und zwei Jahre später Generalsekretär des Südafrikanischen Kirchenrats (SACC), einer der wichtigsten Institutionen im Kampf gegen die Apartheid. Papst Franziskus nannte Tutu neben Martin Luther King und Mahatma Gandhi eine Inspirationsquelle für seine Sozialenzyklika „Fratelli tutti“ aus dem Jahr 2020.

Nach seinem Rücktritt als Erzbischof von Kapstadt 1996 wirkte Tutu als Vorsitzender der südafrikanischen „Wahrheitskommission“. Diese sollte Verbrechen im Apartheid-Staat zwischen 1960 und 1994 aufklären. Ziel seiner Kritik war vielfach auch der im Apartheid-Staat verbotene und seitdem regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC).

Der Friedensnobelpreisträger war jahrzehntelang das moralische Gewissen Südafrika und trug maßgeblich zur Überwindung der Apartheid bei. Der Tod Tutus sei ein weiterer „schmerzlicher Verlust“ in einer Generation außergewöhnlicher Persönlichkeiten, die ein freies Südafrika geschaffen hätten, hieß es in einer Würdigung von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa. Für eine moralisch-ethische Orientierung im neuen Südafrika mangelte es Tutu ebenso wenig an Charisma und Autorität wie seinem Freund Nelson Mandela, Friedensnobelpreisträger und erster schwarzer Präsident des Landes.

Einsatz für Versöhnung

Tutu brauchte aber kein politisches Amt, um gehört zu werden. Zu Apartheidzeiten verdammte er die systematische Diskriminierung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit als unmoralisch und unvereinbar mit Gottes Wort. Im demokratischen Südafrika wurde er dann ein Verfechter für die Aussöhnung zwischen Schwarzen und Weißen: „Ohne Vergebung kann es keine Zukunft geben.“

Tutu sei friedlich im Pflegezentrum Oasis Frail in Kapstadt verstorben, teilte Ramphela Mamphele, die Vorsitzende des Erzbischof Desmond Tutu IP Trusts, im Namen der Familie mit. Zur Todesursache machte sie keine Angaben. „Der Erzbischof war ein moralischer Kompass für unsere Gesellschaft“, sagte Verne Harris von der Nelson-Mandela-Stiftung im TV-Sender eNCA. Er sei seiner Zeit oft voraus gewesen.

Das Nobelpreiskomitee sprach in einer Stellungnahme von einer „betrüblichen Nachricht“, der britische Premierminister Boris Johnson würdigte Tutu als wichtige Persönlichkeit beim Aufbau eines neuen demokratischen Südafrika. David Sassoli, der Präsident des Europaparlaments, würdigte ihn als eine echte Inspiration und „einen Giganten im Kampf gegen Südafrikas Apartheid“.

Dem anglikanischen Theologen hat Südafrika unter anderem das weitgehend gewaltfreie Ende des rassistischen Apartheid-Systems in den 1990er Jahren zu verdanken. In all den Jahren seines Kampfes für die Rechte der Schwarzen in Südafrika hielt Tutu am unerschütterlichen Glauben an einen gewaltlosen Wandel und einer Aussöhnung zwischen den Bevölkerungsgruppen fest. Auch für den Ausstieg aus fossiler Energiegewinnung sprach sich Tutu aus – um nicht „weiter die Zerstörung der menschlichen Zukunft zu finanzieren“.

Einsatz gegen Diskriminierung und Rassismus

Erzbischof Desmond war Südafrikas Ikone im Kampf gegen die Apartheid. 2010 zog er sich offiziell aus dem öffentlichen Leben zurück. Dennoch meldet er sich regelmäßig zu Fehlentwicklungen in seinem Land zu Wort und galt als dessen moralische Instanz. Jahrelang unterstützte Tutu Minderheiten und engagierte sich für Aids-Kranke. 2019 empfing er den britischen Prinzen Harry und Herzogin Meghan mit ihrem Sohn Archie. Im Juni 2020 meldete sich Tutu angesichts der Proteste in den USA wegen des gewaltsamen Todes des Afroamerikaners George Floyd zu Wort. Er verurteilte einen weltweiten „Alltagsrassismus“.

Es sei eine „unangenehme Wahrheit“, dass die Leben bestimmter Gesellschaftsgruppen als wertvoller erachtet würden als die von anderen, so die Stiftung des früheren Anti-Apartheid-Aktivisten. Floyds letzte Worte „Ich kann nicht atmen“ sprächen „für Milliarden Menschen, die man ihrer Rechte beraubt hat, weil sie arm, schwarz, eine Frau, homosexuell sind oder einen ’anderen# Glauben haben“, so die Organisation des emeritierten anglikanischen Erzbischofs.

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama würdigte Tutu als einen „Mentor, einen Freund und einen moralischen Kompass für mich und so viele andere.“ Obama hatte Tutu 2009 mit einer Freiheitsmedaille im Weißen Haus geehrt. Reaktionen auf die Nachricht vom Tod Tutus kamen auch aus Österreich. „Er hat sich für Menschenrechte stark gemacht und für eine friedliche Welt“, schrieb Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf Twitter. „Sein Wirken ist eine große Inspiration für uns alle“.

Wie auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hob er Tutus entschlossenen Kampf gegen die Apartheid hervor. „Tutu war eine moralische Instanz, sein Tod ist ein schmerzlicher Verlust“, so Nehammer. „Sein Einsatz, sein Wort und seine Taten werden unvergessen bleiben.“

Einsatz für den Frieden

Durch seine zahlreichen Auslandsreisen und Publikationen, in denen er den wirtschaftlichen Boykott seines Landes forderte, gelang es dem charismatischen und gewandten Redner, die Weltöffentlichkeit zunehmend für die innenpolitische Situation in Südafrika zu interessieren.

Den Höhepunkt seiner geistlichen Karriere erreichte Tutu 1986, als er zum Erzbischof von Kapstadt und damit als erster Schwarzer zum Oberhaupt der anglikanischen Kirche in Südafrika ernannt wurde. Für die schwarze Bevölkerung wurde Tutu schnell zum Volkshelden, aber auch viele weiße Südafrikaner waren fasziniert von seinen Ideen einer Aussöhnung der südafrikanischen Gesellschaft. Als dann Präsident Frederik Willem de Klerk im Herbst 1989 den Dialog mit der schwarzen Bevölkerung aufnahm, war Tutu einer seiner ersten Gesprächspartner.

Zahlreiche Auszeichnungen Für seinen Einsatz wurde Tutu vielfach ausgezeichnet. 2013 erhielt er den Bilbao-Preis der UNESCO zur Förderung der Menschenrechte, 1984 wurde er mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Weiters erhielt er den Martin-Luther-King-Preis, den in den USA verliehenen katholischen Friedenspreis „Pacem in Terris Award“ sowie mehrere Dutzend Ehrendoktorwürden. Eine davon wurde Desmond Tutu im Juni 2009 von der Universität Wien verliehen.

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